Knapp 450.000 Wohnungen fehlen „Notfallhilfe“ für sozialen Wohnungsbau – und sozialen Frieden

Info zu:

Am 20. Oktober fand auf Einladung der drei Bündnispartner Architektenkammer Baden-Württemberg, Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) sowie Landesverband Deutscher Mieterbund Baden-Württemberg eine Landespressekonferenz statt. Nachfolgend dazu eine Medieninfo sowie ein Positionspapier zum Download.

  • Bündnis aus Architektenkammer, IBA’27 und Mieterbund BW legt Vorschlag für ein befristetes, soziales Konjunkturprogramm vor
  • Zinsfreie und zinsermäßigte Darlehen als wirksame Förderinstrumente 
  • Ohne gemeinwohlorientierten Wohnungsbau weitere Destabilisierung der Demokratie

Die derzeitige Lage im Wohnungsbau ist nicht schönzureden: Die Mieten steigen kontinuierlich. In Ballungszentren frieren die Mietmärkte ein. Der Rekordetat für Wohngeld kann nur, wenn tatsächlich gebaut wird, die soziale Schieflage leicht abfedern, löst das Wohnungsproblem also nicht. Der Berliner Baugipfel beim Bundeskanzler endete mit einem 14-Punkte-Programm. Doch Bauen, auch und gerade der soziale Wohnungsbau, ist Ländersache. Die Landeswohnraumförderung zeigt, konjunkturell bedingt, ein krasses Missverhältnis zwischen dem Volumen der für Projekte reservierten Fördergelder und der Anzahl an Wohnungsbauten, die tatsächlich begonnen und realisiert werden. Im Planungs- und Bauhauptgewerbe wird bereits Personal entlassen – Fachkräfte, die fehlen, wenn die Konjunktur wieder anzieht. Jeder aufgeschobene Bau einer Wohnung verschärft jedoch den Fehlbedarf an Wohnungen weiter. Wissenschaftler wie Jens Beckert, der Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, warnen vor massiven gesellschaftlichen Verwerfungen.

Das Bündnis aus Architektenkammer Baden-Württemberg, Internationaler Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) und dem Landesverband Deutscher Mieterbund Baden-Württemberg fordert eindringlich das Ende staatlicher Zurückhaltung. Bevor die Wohnungsfrage noch mehr Sprengkraft entfalte und die Demokratie im Land ernsthaft gefährde, müsse ein soziales Konjunkturprogramm als „Notfallhilfe“ aufgesetzt werden.

„Die bisherigen Instrumente wie die degressive Abschreibung erreichen die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft, die wenig Ertragssteuer zahlt, überhaupt nicht“, argumentiert Kammerpräsident Markus Müller. „Wir brauchen dringend die Förderung über zinsfreie und zinsermäßigte Darlehen, die sozialen Projekten zu einer ‚schwarzen Null‘ verhelfen. Ohne zielgenaue Unterstützung dieses preissensiblen Segments wird sich der Fehlbedarf an bezahlbaren Wohnungen weiter vergrößern. Wir sind überzeugt: Dies bedroht den sozialen Frieden im Land.“ Andreas Hofer, Intendant der IBA’27, sagt: „Der Wohnungsbau braucht jetzt Unterstützung, um die existenzielle Krise zu bewältigen und uns die Zeit zu verschaffen, die Wohnbauförderung so zu gestalten, dass ausreichend zukunftsfähige und bezahlbare Wohnungen dauerhaft bestehen.“ Mieterbundchef Rolf Gassmann kritisiert: „Die Antworten des Bundes auf die dramatische Krise im Wohnungsbau sind unzureichend und setzen falsche Schwerpunkte. Aber immerhin hat der Bund reagiert. Die für die Wohnraumförderung zuständige Landesregierung tut: Nichts!“

Architektenkammer, IBA’27 und Mieterbund schlagen konkret (Positionspapier zum Download) eine wirksame Akutmaßnahme vor: zinslose oder zinsvergünstigte Kredite als zeitlich befristetes Konjunkturprogramm, um den Wohnungsbau für besonders vulnerable, finanzschwache Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Die Kreditförderung soll ausschließlich den Verlustausgleich bei gemeinwohlorientierten Wohnungsbauprojekten schließen. Der zu erzielende Effekt: Reservierte Fördermittel würden tatsächlich „verbaut“ und langfristig soziale Werte geschaffen, die Bauwirtschaft würde stimuliert und Kapazitäten für preiswerten Wohnungsbau würden nach der Krise gesichert.

Quelle: AKBW Pressekonferenz und Positionspapier

Quelle SWR

Andrej Holm kommt am 24.03. und 25.03. zum Vortrag und Workshop nach Reutlingen

Auf Einladung des franz K in der Reihe „Wir könn(t)en auch anders“ Andrej Holm am Freitag, den 24.3.2023 zu einem Vortrag und zur Diskussion um 20:00 Uhr in den Saal des franz K. Der Titel lautet

Eine andere Wohnungspolitk ist möglich

Jeder Mensch braucht ein Dach über dem Kopf. Wohnen wird zu den international anerkannten Menschenrechten gezählt. Und dennoch begleitet die Wohnungsfrage die kapitalistische Stadtentwicklung seit über 150 Jahren. Bezahlbarer Wohnraum ist eine Mangelware, und das nicht nur in Großstädten wie Berlin, München usw., sondern auch in Reutlingen. Die Diskussionen um verstärkte Regulationen wie beim Berliner Mietendeckel oder Forderungen nach der Enteignung großer Immobilienkonzerne haben der Wohnungspolitik eine neue Brisanz verliehen. Aber auch die Corona-Pandemie und die klimapolitischen Herausforderungen haben die Bedeutung des Wohnens und der Wohnung noch einmal hervorgehoben. Dass Wohnen alles andere als eine private Angelegenheit ist, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse, soll ein Themenschwerpunkt des Vortrags sein. Analysiert werden außerdem aktuelle Trends des Immobilien- und Wohnungsmarktes sowie Fragen räumlicher Ungleichheit, Entfremdung, Ausgrenzung und Diskriminierung, die den Zugang zu menschenwürdigem Wohnraum fur viele Menschen systematisch einschränken. Und schließlich geht es um Alternativen: Wo kann angesetzt werden, um eine sozial gerechte Wohnungspolitik zu erkämpfen?

Dr. Andrej Holm ist Sozialwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Gentrifizierung und Wohnungspolitik. Er engagiert sich darüber hinaus in Berlin für das Recht auf Wohnen und ist in zahlreichen stadtpolitischen Initiativen aktiv.

Am Samstag, dem 25.03.2023 findet zwischen 10 und 15 Uhr ebenfalls im Saal des franz.K mit ein Workshop mit Andrej Holm statt

Zur Einführung (extern auf YouTube) :

Gentrification heißt Verdrängung – Andrej Holm im Gespräch – Teil 1

Andrej Holm im Gespräch (Teil 2): Stadt und Kapital

Andrej Holm im Gespräch (Teil 3): Recht auf Stadt

Lese-TIPP: Andrej Holm, Christoph Laimer: Gemeinschaftliches Wohnen und selbstorganisertes Bauen 

Bücher zum Thema gemeinschaftlichen Wohnens gibt es eine ganze Reihe, aber dieses sticht heraus. Herausgeber sind zwei ausgewiesenen Fachleuten zum Thema, die sehr unterschiedliche, sich aber ergänzende Texte zusammengestellt haben, die in bei einem Fellowships an der TU Wien zum Thema „Neues soziales Wohnen“ entstanden sind.

„Gemeinschaftliches Wohnen und selbstorganisiertes Bauen bieten neue Antworten auf die aktuellen Herausforderungen im Wohnungswesen. Seit vielen Jahren haben Baugruppen und Hausprojekte in zahlreichen Ländern Erfahrungen der gemeinschaftlichen Planung gesammelt, neue Wohnformate entwickelt und verschiedene Formen des gemeinschaftlichen Wohnens erprobt, die über das Wohnen wie gewohnt hinausreichen. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt Wohnprojekten, die mit selbstorganisierten Planungsprozessen, einer nicht gewinnorientierten Bewirtschaftungsorientierung und kollektiver Verantwortung gemeinschaftliche Wohnformen entwickeln und nutzen. Diese Projekte reagieren damit auf eine doppelte Krise des Wohnens: Zum einen bieten sie Antworten für neue gesellschaftliche Anforderungen, die in den klassischen Familienwohnungen der Moderne nur unzureichend bedient werden können, zum anderen durchbrechen sie die immobilienwirtschaftliche Verwertungslogik, die ökonomischen Gewinn über das Wohnen als Grundbedürfnis und unabdingbares Recht stellen.“

Andrej Holm, Christoph Laimer:

Gemeinschaftliches Wohnen und selbstorganisertes Bauen

257 Seiten, 2021, TU Wien Academic Press (Verlag)
978-3-85448-043-3 (ISBN), 19:99 €

und als Ebook: hier als OpenBook erhältlich…..

„Wie das Auto die Stadt zerstörte“ und „Autolose Gesellschaft – Realität oder Fiktion?“

Das größte Problem einer menschenswürtigen Stadt und Umwelt. Hier zwei kurze Dokus zum Thema:

  1. Wie das Auto die Stadt zerstörte… aus odysso 15.10.2020
https://www.ardmediathek.de/ard/video/odysso-wissen-im-swr/wie-das-auto-die-stadt-zerstoerte/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEzMTU5NzY/

2. Autolose Gesellschaft – Realität oder Fiktion? aus odysso vom 28.11.2019

https://www.ardmediathek.de/ard/video/odysso-wissen-im-swr/autolose-gesellschaft-realitaet-oder-fiktion/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNzczMzQ/

Neustart Tübingen – Wohnen neu denken

Das Vorhaben »Neustart Tübingen« ist ein genossenschaftliches Bauprojekt mit Wohnraum für rund 500 Menschen aus allen sozialen Schichten. Ein Wohnungsmix garantiert vielfältiges und flexibles Wohnen für alle Lebensphasen. Die Quartiersbewohner nutzen gemeinsam und solidarisch eine sozial-ökologische Infrastruktur mit kollektiven Einrichtungen (Großküche, Lager, Bewegungsraum), alltäglichen Gebrauchsgütern und (soziale) Dienstleistungen. Durch dieses Konzept kann der individuelle Flächen- und Ressourcenverbrauch reduziert und ein hoher ökologischer Standard etabliert werden. An dieser Infrastruktur partizipieren auch die angrenzenden Nachbarschaften. Vorhaben in der Region Stuttgart können von diesem Vorhaben inhaltlich profitieren.

Einen ausführlichen Artikel gibts hier bei contraste.org

Kontakt
neustart-tuebingen.mtmedia.org

Aufruf: Rettet die Nordbahnhalle

hier gehts zur Pedition:
https://mein.aufstehn.at/petitions/kein-abriss-der-nordbahnhalle-1

Mehr Infos gibts unter: https://ig-nordbahnhalle.org/

SOS Nordbahnhalle – Verhindern wir den Abriss!

Die unabhängige Interessensgemeinschaft „IG Nordbahnhalle“ sieht die Zukunft der Nordbahnhalle und des benachbarten Wasserturms in einem gemeinwohlorientierten Modellprojekt für Nachbarschaft, Kultur und Soziales. Sie fordert den Erhalt der Nordbahnhalle und eine transparente, partizipative Weiterentwicklung des Ortes. (Wien, 27.6.19)

Ausgehend von einem Forschungsprojekt der TU Wien wurde eine aufgelassene Lagerhalle inmitten des Stadtentwicklungsgebiets Nordbahnhof in Wien Leopoldstadt umgebaut und neu belebt. Mit dem Forschungsprojekt wurde der Grundstein für eine ungeplante Entwicklung gelegt. Die Nordbahnhalle hat sich in weiterer Folge zu einem Zentrum für Nachbarschaft, Kultur und sozialen Austausch entfaltet und sich in die Herzen der Bewohner des Stadtteils eingeschrieben. Ungeachtet dessen gibt es, trotz zahlreicher Gespräche und Initiativen, kein klares Bekenntnis der Stadtpolitik für den Erhalt dieses aus dem Stadtgefüge nicht mehr wegzudenkenden Ortes. Ende Juli endet der bisherige Nutzungsvertrag und die Abrissbagger können jederzeit vor der Tür stehen.

Dagegen regt sich nun breiter Widerstand: Die IG Nordbahnhalle, ein offener Zusammenschluss von Nutzer*innen, Künstler*innen, Stadtforscher*innen, Nachbar*innen und Besucher*innen, fordert den Erhalt der Halle. Für das einzigartige Ensemble aus Halle, Wasserturm und grüner Stadtwildnis soll in einem partizipativen Prozess das gemeinwohlorientierte Konzept weiterentwickelt und die Nordbahnhalle als konsumfreier Ort erhalten bleiben.

Gerade für ein Stadtentwicklungsgebiet mit bald 20.000 Bewohner*innen und 20.000 Arbeitsplätzen bietet die Nordbahnhalle enormes Potential, meint Elke Rauth, Stadtforscherin und Leiterin des Wiener urbanize! Festivals. „Ein Stadtteil dieser Größe braucht einen nicht-kommerziellen Ort wie die Nordbahnhalle, an dem Kultur und Soziales Raum finden und sich unterschiedliche Menschen begegnen können.“

Das besondere Ensemble ist auch der Fachwelt nicht verborgen geblieben. „Die Stadtwildnis und die Nordbahnhalle ergänzen sich wechselseitig und haben das Potential, dem Ort eine einzigartige Identität zu geben. Diese Chance nicht zu nutzen, wäre ein großes Versäumnis.“, sagt Gerd Erhartt, Gründer von Querkraft Architekten. Dem können die Bewohner*innen des Grätzls nur zustimmen, bestätigt Cornelia Spiola, die mit ihrer Familie seit fünf Jahren im Viertel lebt: „Die Nordbahnhalle ist zu wichtig, um einfach abgerissen zu werden. Sie hat sich in den letzten Jahren als äußerst wertvoller Bestandteil des Grätzls erwiesen. Wenn sie verschwindet, verschwindet hier ein einzigartiger und vielseitiger Raum.“

Diese Vielfalt zeigte Wirkung und brachte in den letzten zwei Jahren über 200.000 Besucher*innen bei 521 Veranstaltungen in die Nordbahnhalle. Sei es bei Theaterstücken, Märkten, beim Open Air Kino, bei Radrennen, Tischtennis- und Minigolf Turnieren – Die Nordbahnhalle kommt an! „Für uns ist die Nordbahnhalle ein einzigartiger und lebendiger Ort: Wir durften mit 100 Kindern das Laternenfest feiern, haben miterlebt wie Clara und Fabian sich ihr Ja-Wort gaben, wie geflüchteten Menschen eine Ausbildung ermöglicht wurde, Marian seine Bienen versorgte und wir begrüßten mit 2000 Menschen den Sommer“, verweist das bisherige Team der Nordbahnhalle auf die tiefgehende Verankerung in der Stadt.

Jetzt ist politischer Wille gefragt, um ein Zeichen für Nachbarschaft, Kultur, soziales Engagement und Nutzungsmischung zu setzen und die Nordbahnhalle zu erhalten. Die IG Nordbahnhalle richtet sich mit ihren Forderungen an die neue Planungsstadträtin Birgit Hebein, die Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und Bürgermeister Michael Ludwig

Die Interessensgemeinschaft IG Nordbahnhalle fordert:

  • Kein Abriss der Nordbahnhalle (abgesehen vom für die Straßenbahnführung notwendigen Teilabriss, kein Abriss der „großen Halle“)
  • Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für eine langfristige, nicht-kommerzielle, experimentelle Nutzung von Nordbahnhalle und Wasserturm
  • Transparenter und partizipativer Prozess zur Entwicklung eines Nutzungskonzeptes für Nordbahnhalle und Wasserturm unter Einbindung aller Stakeholder
  • Vertragliche Absicherung einer langfristigen Nutzung durch eine zivilgesellschaftliche, gemeinnützige Trägerstruktur
  • Finanzierung einer einfachen Sanierung von Wasserturm und Halle, die den funktionalen Charme der Nordbahnhalle sowie den niederschwelligen Charakter erhält.

Mehr Infos gibts unter: https://ig-nordbahnhalle.org/

„Wohnen neu denken: IBA’27-Plenum #3“ am 23. Mai 2019

Wie kann die Stadtregion Stuttgart gerecht und nachhaltig wachsen? Wie schaffen wir attraktiven und bezahlbaren Wohnraum für alle? Welche neuen Ideen braucht es dafür aus Architektur, Städtebau und Raumplanung?

Das IBAʼ27-Plenum #3 WOHNEN NEU DENKEN nimmt die Voraussetzungen für ein gutes und gerechtes Zusammenleben in den Blick. Gemeinsam entwerfen wir ein Zukunftsbild Wohnen für die Stadtregion Stuttgart.

Diskutieren Sie mit!

WOHNEN NEU DENKEN.
IBAʼ27-Plenum #3
23. Mai 2019, 18 Uhr
‚DAS K‘ / Kultur- und Kongresszentrum Kornwestheim

Bitte merken Sie sich den Termin vor. Nähere Informationen sind hier einsehbar…….